3.2.1 IRO „Care and Maintenance“ Programm
Identifikation
- Signatur: DE ITS 3.2.1
- Titel: IRO “Care and Maintenance” Programm
- Verzeichnungsstufe: Bestand/Sammlung
- Anzahl unmittelbar zugeordneter Dokumente: 1 823 593
Kontext
- Ersteller/Provenienz: IRO, UNRRA, PCIRO
Welche Informationen kann ich hier finden?
(Form und Inhalt)
Die enthaltenen Dokumente wurden zwischen 1947 und 1952 von der International Refugee Organization (IRO) und ihren Vorgängerorganisationen zusammengetragen. Es geht um die Versorgung von Displaced Persons (DPs) in westlichen Besatzungszonen in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz und England. Als zentraler Dokumententyp findet sich der Fragebogen „Application for Assistance“. Er musste von den DPs ausgefüllt werden, um Unterstützung durch die IRO zu beantragen. Das Formular wird auch als „CM/1“ bezeichnet, wobei „CM“ für „Care and Maintenance“ (Fürsorge und Unterhalt) steht, die „1“ für den jeweiligen Formulartyp. Antragsteller waren meist Holocaust-Überlebende, ehemalige KZ-Häftlinge oder NS-Zwangsarbeiter. Hinzu kamen Menschen, die aus politischen Gründen aus dem Machtbereich der Sowjetunion geflohen waren. Zusätzlich zu den CM/1-Formularen enthält die Sammlung Fragebögen für DPs, Bestätigungen der Unterstützungsberechtigung, Anträge zur Änderung des Status (CM/3-Formulare), Fotos der Antragsteller, Schriftverkehr, Gesprächsnotizen sowie Krankenunterlagen. Letztere sind aufgrund ihres sensiblen Inhalts von der Online-Veröffentlichung ausgenommen, können aber auf Wunsch beim ITS eingesehen werden. Die Dokumente in 3.2.1.5 betreffen Einspruchsverfahren beim IRO-Hauptquartier in Genf.
Wer hat die Dokumente erstellt und wofür wurden sie genutzt?
(Verwaltungsgeschichte)
Die IRO wurde im Dezember 1946 mit der Annahme der Constitution of the International Refugee Organization durch die Vereinten Nationen gegründet. Sie sollte die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) ablösen. Aus politischen Gründen konnte zunächst 1947 nur die Preparatory Commission of the International Refugee Organization (PCIRO) ihre Arbeit aufnehmen. Die IRO wurde mit vollem Mandat ab September 1948 tätig. Die Organisation stellte ihre Arbeit mit der Etablierung des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) im Jahr 1952 ein. Das vorrangige Ziel der UNRRA war neben der unmittelbaren Versorgung die Repatriierung der DPs. Erst später wurde akzeptiert, dass es berechtigte Gründe gegen eine Rückkehr in das ursprüngliche Herkunftsland geben konnte. Das betraf zu diesem Zeitpunkt noch ungefähr eine Million Menschen. Deren Unterstützung wurde in das Mandat der IRO aufgenommen. Sie erhielten entweder Hilfe bei der Integration im Aufenthaltsland oder bei der Emigration. Um diese Unterstützung beantragen zu können, gab es in den westlichen Besatzungszonen das Formular „Application for Assistance (CM/1). Auf Grundlage dieses Bogens und eines Interviews, traf das Department of Protection, Mandate and Reparation die Entscheidung, ob und zu welchem Grad ein Antragsteller unterstützt werden konnte. Das Mandat der IRO erstreckte sich auf DPs aus Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sowie Verfolgte Deutschlands und seiner Alliierten. Eine Entscheidung gegen Unterstützung konnte beim zentralen IRO Büro in Genf angefochten werden (siehe Bestand 3.2.1.5 Einspruchsverfahren, IRO Büro Genf).
Wie sind die Dokumente entstanden und zum ITS gekommen?
(Bestandsgeschichte)
Die sogenannten CM/1-Bögen „Application for Assistance“ wurden im Zeitraum von 1947 – 1951 von Antragstellern in Sammelzentren (Assembly-Centers), zum Teil mit Hilfe von IRO-Mitarbeitern ausgefüllt. Zunächst wurden die Unterlagen nach der Emigration der Menschen vernichtet, bis die westdeutschen Entschädigungsbehörden 1951 darauf drängten, die Dokumente aufzubewahren. Es ist nicht bekannt, wie groß die Menge der zuvor vernichteten CM/1-Akten ist. Nach Auflösung der IRO 1952 sendeten die Regionalbüros ihre Unterlagen an den United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) in Bonn. Ende 1952 wurden die noch existierenden CM/1-Akten aus Deutschland dem International Tracing Service (ITS) in Arolsen übergeben. Der ITS hat im Jahr 1953 persönliche Dokumente (Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden, Berufszeugnisse, Pässe etc.) entnommen und wieder an den UNHCR gesendet, damit sie den Besitzern zurückgegeben werden konnten. Unterlagen, die keine Relevanz für die Suchaufgabe des ITS und die Dokumentation hatten, wurden vernichtet. Anfang der 1960er Jahre kamen die CM/1-Bestände aus Österreich, der Schweiz, Italien und England in den ITS. Die ursprüngliche Ordnung der gesamten CM/1-Akten wurde nun aufgelöst. Das Material zu jedem Antragsteller oder jeder Familie wurde in Umschlägen zusammengefasst und unter dem Namen des „Hauptantragstellers“ alphabetisch sortiert. Der ITS hat die gesamte Sammlung in den späten neunziger Jahren digitalisiert und 2018 in seinem Online-Archiv veröffentlicht.